Brauchtum

Brauchtum im Jahreslauf

Das Brauchtum hat in dieser kargen Landschaft eine alte Tradition und ist Anlass für Begegnungen und geselliges Zusammensein.

Bereits in den ersten Tagen des Neujahres ziehen die Neujahrsansinger von Haus zu Haus und wünschen den Hausleuten ein gutes und erfolgreiches Jahr.

Auch ziehen in diesen Tagen die Musikkapellen, in manchen Fraktionen auch die Kirchenchöre von Haus zu Haus. Allen wird zum Neuen Jahr Glück und Segen gewünscht. Diesem schönen Brauch öffnet fast jeder bereitwillig die Tür und bedankt sich mit einer Spende, mit einem Getränk oder mit den berühmten Ultner Krapfen.

Neujahransinger

 Die Neujahransinger


Auch die Hirten bringen die Neujahrsglückwünsche, allerdings nicht in jede Familie. So hören die Menschen mit Freude das bekannte Lied „Wir haben das Türlein gefunden“, oder das weihnachtliche Hirtenlied „Ihr Hirtlein ihr eilet und macht euch bald auf“.

Am 5. Jänner, dem sog. Kinigobend, werden die Gebäude ausgeräuchert. Traditionellerweise geht der Hausherr mit einem alten Bügeleisen, welches mit glühenden Kohlen gefüllt und mit Weihrauch bestreut wurde, voraus und betet den Rosenkranz. Die weiteren Familienmitglieder folgen ihm, beten nach und beträufeln die Räume und Tiere mit einem geweihten Wasser, dem sog. Kinigwasser. Anschließend treffen sich alle Familienmitglieder in der Stube oder Küche und stellen sich in der Mitte des Raumes auf. Nun geht das Familienoberhaupt drei Mal um die gesamte Familie mit dem rauchenden Bügeleisen. Schließlich werden die Hände, das Gesicht und die Ohren beweihräuchert, um so Krankheiten fernzuhalten.

Der 17. Jänner ist der sogenannte Fockntounitog. Der Hl. Abt Antonius der Eremit nimmt es den Menschen nicht übel, wenn sie ihn den Fockntouni nennen. Kein anderer beschützt ihre Schweine so verlässlich. Auf zahllosen Bildern wird der Heilige mit dem Schwein dargestellt. Er gilt darüber hinaus als Beschützer des Viehs. Früher sind die Frauen an diesem Tag zur Messe gegangen, während die Männer auf der entgegengesetzten Talseite Kotznmusi machten. Dabei benutzte man „Schwuanerhörner“ (an der Spitze abgesägtes Horn eines Geißbocks), Schellen und das Hofenreis.

Am 22. Jänner., dem Vinzenzntog feiern die Holzfäller ihren Schutzpatron, den Hl. Vinzenz von Valencia. Früher besuchten an diesem Tag nur Männer die Hl. Messe, währenddessen die Frauen für „Kotzenmusi“ sorgten.

An diesem Tag hielten manche Alminteressentschaften Rückblick auf das vergangene Almjahr. Nicht erledigte Dinge wurden in Ordnung gebracht. Gertrauder erzählen: Ein Holzfäller soll anstatt der Messe beizuwohnen, Waldarbeiten verrichtet haben. Als er darauf angesprochen wurde, dass an diesem Tag die Arbeit ruhen solle, antwortete er: Vinzenz hin, Vinzenz her, Holz muaß her! Bald darauf verünglückte diese Person!

Einen festen Bestandteil im Kalender der Bauern findet der Lichtmesstag, welcher am 2. Februar gefeiert wird. Früher war dies der Tag, an welchem Knechte und Mägde Dienstherrn gewechselt haben. Bei uns auf dem Hof findet an diesem Tag gemäß Brauchtum der „Schweinsteiger Almriegel“, die Vollversammlung der Bauern der Schweinsteigalm beim Nachbarhof Oberhaus statt, wo über die Bewirtschaftung der Alm, die Bestellung des Hirten gesprochen wird und die Bezahlung der Almspesen getätigt werden. Außerdem wurde an diesem Tag früher die Krippe und der Christbaum entfernt und die Weihnachtszeit offiziell abgeschlossen.

Der darauf folgende Tag ist dem heiligen Blasius gewidmet. Bis vor einigen Jahren besuchten wir die Heilige Messe und erhielten dort den Blasiussegen, der vor allem gegen Halskrankheiten schützen sollte.

Am Lichtmesstag beginnt die Fasnacht. In dieser Zeit wurde und wird heute noch „Maschgra“ gegangen.

Da die Fasnacht in die ausgehende Winterzeit fällt, beschäftigen sich die Bauern mit dem „Hölber deakln“. Die hölzernen Arbeitsgeräte wurden ins Wasser gelget, damit die Haltbarkeit zwischen Eisenteil und Stiel gewährleistet war. Die Stricke und das Lederzeug wurden mit Rindsfett eingerieben.

Der erste Sonntag in der Fastenzeit, genannt „Hollerpfann-, Schmalznudl-, oder Kassunta“, zählte früher noch zur Fasnacht. An diesem Tag entzündete man in der Nähe der Gehöfte Feuer. Eine Version besagt, dass dieser Ausdruck aus dem Gotischen „Haila fona“ stammt und heilkräftiges Feuer bedeutet. Dieses war geeignet, die Pest zu vertreiben. Da ganze Landstriche durch die Pest entvölkert wurden, und man sich wegen der Infektionsgefahr nicht treffen wollte, dienten die Feuer auch als Verständigungsmittel.

Die darauffolgende Fastenzeit ist als Vorbereitung auf das größte christliche Fest, das Osterfest gedacht. Bei uns in der Familie werden auch die Speisen an diese Zeit angepasst. Typische Gerichte sind am Aschermittwoch und am Karfreitag die Brennsuppe. Außerdem wird nicht nur in der Fastenzeit, sondern früher das ganze Jahr über an den Freitagen auf Fleischspeisen verzichtet.

In unserer Kapelle wird dann in der Karwoche das Ostergrab errichtet und Palmsträußchen gebunden.

In der Osternacht wird die Heilige Messe sehr feierlich gestaltet. Bei uns ist es nach wie vor Brauch die Feuerweihe vorzunehmen. Dabei wird vor dem Eingangstor der Kirche ein Feuer entzündet, welches der Priester anschließend weiht. Außerdem bringen die Bäuerinnen an diesem Tag Körbe mit Speisen, vor allem Eier, Speck, aber auch Gebackenes, welches der Pfarrer dann segnet.

Im Mai finden die traditionellen Maiandachten und Bittgänge nach Kuppelwies statt, wo für ein gedeihliches Wetter und für eine gute Ernte gebetet wird.

Der Fronleichnam und der Herz Jesu Sonntag sind im Ultental zwei große Feiertage, die mit einer Prozession begangen werden. Dabei werden alle Statuen und die großen Fahnen über die Wiesen und Flure getragen und gleichzeitig der Rosenkranz gebetet. Bei schönem Wetter finden am Abend seit über 200 Jahren die Herz Jesu Feuer statt. Dabei werden auf den Bergspitzen Feuer entzündet. Früher wurden diese entzündet, um den Menschen die nahende Gefahr von Kriegen zu verkünden und den Landsturm, die Selbstverteidigungskräfte des Landes Tirol zu alarmieren.

Herz Jesu

Beim Herz Jesu Feuer auf dem Oberhauser Gampen

Der 15. August ist als Hochunserfrauentag bekannt. An diesem Tag findet die traditionelle Kräuterweihe statt. Die geweihten Kräuter werden anschließend bei drohenden Gewittern verbrannt, um Haus, Hof und Menschen vor Unwettern und Blitzschlag zu schützen.

Ein ganz besonderer Brauch, der sich im Ultental erhalten hat ist am 31. Oktober das Kropfenlottern (Das Betteln von Mohnkrapfen). Dieser Brauch wird schon seit mehreren Jahrhunderten im Tal praktiziert. Dabei pilgern maskierte Burschen von Haus zu Haus und betteln in Versform um Mohnkrapfen. Auch wir waren in Jugendjahren unterwegs und haben dabei folgende Verse zum Besten gegeben:

Mir kemmen va Proveis

über Schnea und Eis

über Stiahl und Bänk

und sein gerennt bis zu enkt

mir bittn enk, gebs ins a Krapfl

mir sein soufl orme Louterzapfler

und a Löffele voll Fill

nocher sein mir gschwind wieder still.

 

Im November und Dezember beginnt dann wieder die ruhigere Zeit im a-Jahr. Vor Weihnachten wird in der Kapelle die mit Glaskugeln bunt beleuchtete Krippe errichtet.